Wahre Fundgruben
Latrinen, Abfallgruben und Brunnen in Aschaffenburg
An verschiedenen Stellen in Aschaffenburg konnten Abfallkeller, Latrinen und Brunnen ergraben werden, die auch mit Müll verfüllt waren.
Altstadt von Aschaffenburg, 1 Alte Dechantei, 2 ehemalige Löwenapotheke
Alte Dechantei des Stiftes St. Peter und Alexander, Pfaffengasse
(evangelisches Dekanat Bachsaal)
Um 1740 wurde eigens für ein großes Fest eine Latrine angelegt, die auch die Überreste der Feier aufnahm.
Aufgrund der guten Konservierung konnte sogar der Speisezettel rekonstruiert werden: Austern, Weinbergschnecken, Mohngebäck, 2 Ochsen, 4 Schweine,
4 Schafe, Truthähne, Hühner, Wachteln, Fasane, Mainfische, Heringe.
Lageplan der Latrine in der alten Dechantei
Neben den Speiseresten, einer großen Menge an Gläsern, Steinzeug und Porzellan konnten zahlreiche zum Teil kuriose Überreste geborgen werden: ein Damenfächer,
ein Zahnstocher aus Bronze, ein ausgeschlagener Zahn, eine Zahnbürste, zerbrochene Rasierbecken, Glasflakons und anderes mehr.
Überreste der Feier von 1740
Bemerkenswert ist der Fund hunderter Tabakspfeifen aus Keramik. Nach nur ein- bis zweimaligem Gebrauch wurden sie weggeworfen.
Für die Stiftsherren stellten die nur ein- bis zweimal gebrauchten Pfeifen Wegwerfartikel dar. Anders verhielt sich die breite Masse der Bevölkerung, wo eine Tabakspfeife
im Backofen mehrfach von Teer und Nikotin befreit und ein abgebrochener Stiel mit einem Schilfrohr verlängert wurde.
Einwegpfeifen
Ehemalige Löwenapotheke, Dalbergstraße Ecke Stiftsplatz
Im Bereich der ehemaligen Löwenapotheke stammen aus einer Latrine und mehreren Abfallgruben zahlreiche Apothekergeräte wie Mörser, Reibschalen, Destillierkolben,
Albarelli, Apothekenflaschen aus Steinzeug, Medizinfläschchen aus Glas, Mineral- wasserflaschen aus Steinzeug, Fayencen und Porzellan, datiert von 1590 bis Ende des 19. Jahrhunderts.
Apothekengefäße der Löwenapotheke
Vor allem in Städten wird bei Tiefbaumaßnahmen historischer Boden freigelegt, der durch zahlreiche Funde Informationen zur Stadtgeschichte aus vergangenen Jahrhunderten
und Jahrtausenden gibt. Exemplarisch wird hier Aschaffenburg näher beleuchtet.
In den 80er Jahren wurden auf dem Gelände der ehemaligen Löwenapotheke neben Reibeschalen, Mörsern und Destillier- kolben vor allem zahlreiche Albarelli als typische
Apothekengefäße geborgen.
Als Albarello bezeichnet man ein zylindrisches Gefäß, das zur Aufbewahrung von Salben, Kräutern etc. in Apotheken genutzt wurde. Die Form soll sich von ostasiatischen Bambusbehältern ableiten.
Frühe Albarelli sind meist aus Fayence gefertigt, später finden sich Albarelli aus einfacher Irdenware ebenso wie aus Porzellan und schließlich auch Steingut.
Die Qualität der Abgabegefäße orientierte sich dabei am Preis, den der Kunde bezahlen konnte oder mußte. In zahlreichen Apotheken-verordnungen war nämlich für die städtischen
Armen eine kostenlose Abgabe von Medikamenten vorgeschrieben. Ihnen durfte die Medizin in Irdenwaregefäßen ausgehändigt werden, der voll zahlende Patient dagegen hatte Anspruch
auf ein Gebinde aus Steinzeug, Porzellan oder Glas.
Im Gegensatz zu der Gebrauchskeramik für Verkauf und Lagerung waren die "Standgefäße" im "Offizin", dem Verkaufsraum der Apotheke, meist reich verziert und auf repräsentative
Wirkung angelegt.