Eine Idee aus Schweinfurt
Müll-Klärschlamm-Kompostierung: das Brikollare System
Nachdem Anfang der fünfziger Jahre die Abfuhr des Mülls neu organisiert wurde, bestand die Aufgabe in den 60er Jahren darin, das zunehmende Entsorgungsproblem in den Griff zu bekommen.
Müll-Klärschlamm-Kompostierung
In der Industriestadt Schweinfurt kam zum Müllproblem das des Klärschlamms hinzu.
Die Lösung dieser Aufgabe führte zu der europaweit einzigartigen Entsorgungskombination der Müll-Klärschlamm-Kompostierung, die 21 Jahre Bestand hatte.
Vorbilder der Schweinfurter Kompostierung standen in Holland. Im Zuge einer Informationsreise verschafften sich Stadtrat und Betriebsleiter einen persönlichen Eindruck von der Kompostiertechnik.
Ergebnis war die Kompostierung nach dem "Brikollare System", eine Schweinfurter Erfindung. Der gesamte Müll wurde per Hand am Fließband aussortiert. Nur Eisen konnte per
Magnetabschneider maschinell ausgesondert werden.

Schweinfurter Tagblatt vom 19.10.1960

Ablaufschema des Schweinfurter Kompostwerkes

Zu Ballen gepreßte Metalldosen werden zur Verwertung bereitgestellt

Gesamtansicht der Anlage, die von 1965 bis 1986 in Betrieb war

Wissenschaftliche Begleitung der Schweinfurter Anlage
Zunehmende Störstoffe wie Kunststoff- und Glasteile und steigende Schadstoffgehalte in Abfall und Abwasser verschlechterten das Endprodukt
"Müll-Klärschlamm-Kompost" im Vergleich zum heutigen Bioabfallkompost in den letzten Betriebsjahren erheblich.
Als durch die großen Weinbergsbereinigungen in Unterfranken die Hauptabsatzmärkte zusammenbrachen, wurde 1986 der Betrieb der Anlage eingestellt.
Die Einsicht, daß die Naturkreisläufe ohne wertlose Abfälle geschlossen funktionieren und daß diese Zusammenhänge langfristig auch in der Abfallwirtschaft berücksichtigt werden müssen,
hat die Stadt Schweinfurt schon früh erkannt.
So steht in der Patentschrift für die Müll-Klärschlammkompostierung aus dem Jahr 1963:
"Durch die ständig wachsende Einwohnerzahl der Städte ist das schwierige Gebiet der Verwertung der
Abfallstoffe aus dem Versorgungskreislauf, die in Form von Müll und Klärschlamm anfallen, zu einem der aktuellsten Probleme geworden.
Es fehlt heute überall an Platz für die Unterbringung der ständig steigenden Abfallmassen, die aus hygienischen Gründen in geeigneter Weise erfolgen muß.
[...] Andererseits sind diese Abfallstoffe keinesfalls vernichtungswürdig oder wertlos, sie enthalten vielmehr wertvolle Substanzen, deren Verwertung, d. h.
Rückführung in den Versorgungskreislauf von großer Bedeutung ist. In geeigneter Zubereitung können diese Stoffe erfolgreich zur Bekämpfung von Bodenerosion und Humusschwund,
Schädigungen unserer heutigen Kulturlandschaft, eingesetzt werden."
Schade, daß die Hersteller von Produkten darauf keine Rücksicht nahmen und durch den daraus entstehenden Müll einem guten Verwertungssystem nach 20 Jahren den Garaus machten.