Den Müll in den Griff bekommen
Moderne Entsorgungsanlagen
Durch neue gesetzliche Regelwerke wurde in Deutschland ein hoher Umweltstandard erreicht, der in vielen Bereichen auch in anderen Ländern Nachahmer gefunden hat.
Neben Einrichtungen zur Entsorgung von Müll wurden auch zahlreiche Verwertungsverfahren entwickelt und Anlagen gebaut.
Sortier- und Aufbereitungsanlagen
Mit dem Bau von zahlreichen Sortieranlagen wurden die Voraussetzungen geschaffen, viele Abfälle stofflich zu verwerten. Getrennt wird dabei z.B. in Papier, Holz, Bauschutt, Metall,
Kunststoffe und nicht verwertbaren Restmüll. Mit großem Erfolg wird dabei die Sortierung von Gewerbeabfällen durchgeführt.
Neben Sortier- wurden zahlreiche Verwertungsanlagen entwickelt und gebaut, die Bauschutt, verunreinigtes Erdreich, Holz, Biomüll, Papier, Kunststoff und anderes mehr zu neuen Produkten,
sogenannten Sekundärrohstoffen, aufbereiten.
Sortieranlage Firma Werner, Goldbach, Landkreis Aschaffenburg
Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre wurden zahlreiche Sortier- und Aufbereitungsanlagen gebaut, neue Verbrennungs- anlagen errichtet, sowie Deponien erweitert oder neu eingerichtet,
um dem Müllnotstand entschieden entgegen zu treten.
Mittlerweile sind die Abfallmengen dermaßen zurückgegangen, so daß viele dieser Anlagen nicht mehr ausgelastet sind und manche auch nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können.
Dies führt zum Teil zu drastischen Erhöhungen der Entsorgungsgebühren.
Die Müllmengenreduzierungen sind nicht nur auf bessere Verwertung oder Vermeidung von Abfällen zurückzuführen, sondern sind auch in Ausweichreaktionen von Industrie und Gewerbe
begründet, die teure Anlagen vor Ort meiden und günstigere Entsorgungsanlagen in anderen Regionen Deutschlands suchen. Dies ist zwar oft legal, aber insofern problematisch,
da die Städte und Landkreise einerseits die Kapazitäten per Gesetz vorhalten und vorfinanzieren müssen, andererseits aber nicht damit rechnen können, daß tatsächlich auch Müll
der ortsansässigen Betriebe angeliefert wird. Die Zeche zahlt der Privathaushalt, der sich seine Entsorgungs- anlage nicht aussuchen kann.
Abfallverbrennungsanlagen
1996 bestanden bundesweit 51 Anlagen zur Verbrennung von Haushalts- und Gewerbeabfällen, die jährlich 11 Millionen Tonnen Müll entsorgen können.
In Bayern bestehen derzeit genügend Anlagen, um sämtlichen Haus- und Gewerbemüll zu verbrennen. Nahezu alle Anlagen verfügen über eine Energienutzung in Form von Fernwärme oder
Elektrizität.
Außenansicht des Gemeinschaftskraftwerkes Schweinfurt
Schematische Darstellung des Gemeinschaftskraftwerkes Schweinfurt
Durch die strengen gesetzlichen Bestimmungen wurde erreicht, daß im Gegensatz zu früher nur noch sehr geringe Mengen schädlicher Abgase in die Luft gelangen.
Andere technische Behandlungsanlagen
In Burgau im Landkreis Günzburg wird eine Pyrolyseanlage betrieben, bei der Abfälle unter Luftabschluß verschwelen.
Eine Weiterentwicklung dieser Pyrolysetechnik ist das Schwel-Brennverfahren, bei dem die bei der Pyrolyse anfallenden Gase und der Koks unter so hohen Temperaturen
verbrannt werden, daß der Schadstoffausstoß in die Luft verringert werden soll.
Neueste Pyrolyse-Varianten sind das Noell-Konversions- und das Thermoselect-Verfahren. Die Entwicklung geht zur Zeit aber auch dahin, heizwertreiche Abfälle wie
Reste aus Sortieranlagen in anderen industriellen Großanlagen wie z.B. Zementwerken mitzuverbrennen, um damit Energieträger wie Kohle und Öl, aber vor allem Kosten
für die Abfallverursacher zu sparen.
Das Schwel-Brenn-Verfahren
Deponien
Die derzeit noch am meisten verbreitete Entsorgungsweise ist die Deponierung von Abfällen. Auf ca. 450 Hausmülldeponien im gesamten Bundesgebiet werden Haus-,
Gewerbe- und Industriemüll bzw. Schlacken aus Verbrennungsanlagen abgelagert.
Die Ablagerung von unbehandeltem Müll ist aber ab 2005 nicht mehr zulässig. Eine ausreichende Behandlung wäre zur Zeit nur mit thermischen Verfahren zu erreichen.
Die gesetzlichen Anforderungen an die Deponietechnik haben sich ständig erhöht, um den größtmöglichen Schutz vor schädlichen Auswirkungen für Boden, Grund- und Trinkwasser zu bieten.
Neben der Abdichtung des Untergrundes wird z.B. auch das Sickerwasser erfaßt und gereinigt. Das Deponiegas, das sich aus der Zersetzung der organischen Abfälle bildet,
wird zur Erzeugung von elektrischem Strom genutzt. Wie der Untergrund wird auch die Oberfläche abgedichtet, um ein Eindringen von Regenwasser in die Deponie und somit
ein Auswaschen von Schadstoffen zu verhindern.
Übersicht der bedeutendsten Entwicklungsschritte der Deponietechnik in der BRD
1945 - 1972: Ungeordnete Deponien, sog. wilde Kippen in meist unbrauchbarem Gelände ohne Barrieren.
1969: Erscheinen des Merkblattes M3 der Zentralstelle für Abfallbeseitigung.
1972: 1. Abfallgesetz des Bundes, Übergang zur sog. geord- neten Deponie. Oft Übernahme kommunaler Kippen ohne ausreichende Barrieren durch Landkreise.
1979: Erscheinen des LAGA-Merkblattes M3. Erste einheitliche Regelungen zu: Umzäunung, Sickerwassererfassung, Deponie- gas, Abfalleinbau etc..
Barrieren: Naturdichter Untergrund oder "natürliche Dichtung" (60 cm mineralische Dichtung, kf 1·10-8 m/s) bzw. künstliche Dichtung.
1979 - 1985: Übergangszeitraum. Die Anforderungen an die Basisabdichtung steigen. Einheitliche Regelungen in der BRD gibt es bis auf das LAGA-Merkblatt M3 nicht.
Barrieren: Naturdichter Untergrund bis zur kombinierten Basisabdichtung. Regelabdichtung ist die mineralische Abdichtung.
1985 - 1989: Die Kombinationsdichtung (mineralische Abdich- tung und Kunststoffdich-tungsbahn) wird zur Regelabdichtung an der Basis.
1985 erscheint die Nordrhein-Westfalen-Richtlinie über Deponiebasisabdichtungen aus Dichtungsbahnen, die schnell bundesweit zum Maßstab wird. Barrieren:
Kombinationsabdichtungen an der Basis. Erste Überlegungen zu Oberflächenabdichtungen.
1989/90: Entwürfe zur Überarbeitung des LAGA-Merkblattes M3. Barrieren: Basis, geologische Barriere, mineralische Dichtung, Kunststoffdichtungsbahn, Schutzschicht,
Flächendrainage. Oberflächenabdichtung wird empfohlen, jedoch nicht beschrieben.
1991: Die (technische Anleitung) TA Abfall tritt in Kraft. Sie gilt zwar nur für besonders überwachungsbedürftige Abfälle ("Sondermüll"),
setzt jedoch auch die neuen Maßstäbe für Hausmülldeponien. Barrieren: Basis, geologische Barriere, Kombinationsdichtung, Schutzschicht,
Flächendrainage, Oberflächenabdichtung, Kombinationsdichtung, kontrollierbar.
1993: Die TA Siedlungsabfall tritt in Kraft. Die Anforderungen der TA Abfall an eine Deponie werden im Prinzip übernommen. Barrieren:
geologische Barriere, Basisabdichtung, Oberflächen- abdichtung.
Abfall: Es werden definierte Anforderungen an die Abfälle gestellt. Diese Anforderungen lassen die Ablagerung von Abfällen ohne thermische Vorbehandlung
nach einer gewissen Übergangszeit (ab spätestens 2005) nicht mehr zu.
Deponie Wirmsthal
Ein besonderes Beispiel ist die Kreismülldeponie Wirmsthal im Landkreis Bad Kissingen.
In einem ehemaligen Steinbruch bei Wirmsthal wurden Untergrund und Seitenwände aufwendigst doppelt abgedichtet und ein begehbarer Kontrollgang gebaut.
Mit einer Stahldachkonstruktion über dem Einlagerungsbereich wurde die Entstehung von Sickerwässern verringert.
Durch die zunehmende Brandgefahr des nunmehr sehr trockenen Mülls wurde das Dach weitgehend demontiert.
Deponie mit Dach
Seitenwandabdichtung
Basisabdichtung
Schematische Darstellung der Deponieabdichtung in Wirmsthal
Dieses Multibarrierenkonzept, wie es die Fachleute nennen, stellt eine der modernsten Deponietechniken dar.
Alternative Behandlungsverfahren
Es werden auch mechanisch-biologische Verfahren eingesetzt, die aber derzeit wohl nicht die gesetzlichen Anforderungen
zur Abfallbehandlung erfüllen können, wie sie ab 2005 für alle Abfälle gelten.
Bei diesen Verfahren wird durch Siebung, Zerkleinerung, Homogenisierung - mechanische Aufbereitung - und anschließender Kompostierung -
biologische Aufbereitung - versucht, die Abfälle möglichst reaktionsträge und somit boden- und grundwasserunschädlich zu machen.