Stein auf Stein
Hausbau für die Massen
Häuser
Mit der Industrialisierung wurden neue Produktionsstätten errichtet, die zahlreiche Arbeitsplätze schafften. Beides, Fabrikgebäude und Wohnstätten der Arbeiter,
verlangte nach der Massenpro- duktion von Baumaterial, was mit herkömmlichen Baustoffen wie Lehm, Holz und Naturstein nicht zu bewerkstelligen war.
Ein wichtiger Meilenstein für die Massenproduktion von Ziegelsteinen war die Erfindung des Ringofens 1868.
Neben der industriellen Fertigung von "Backsteinen" kamen noch andere künstliche Materialien auf den "Bau" wie z.B. Beton, Tuff- und Hohlblocksteine.
Diese vorgefertigten, maßhaltigen Materialien waren in großen Mengen produzierbar und veränderten das Bauen und die Häuserlandschaft grundlegend.
Die neue Bauweise hatte viele Vorteile: Maßhaltige Steine konnten in fast unbegrenzter Anzahl hergestellt werden, Bindemittel wie Kalk und der wiederentdeckte Zement standen ebenfalls in
großen Mengen zur Verfügung. Dadurch konnten größere Häuser schneller und jahreszeitlich unabhängiger gebaut werden.
Bei der Fachwerkbauweise der vorausgegangenen Jahrhunderte mußte dagegen das Holz zwischen Dezember und Februar, also in der Saftruhe des Baumes geschlagen werden.
Im Frühjahr und Frühsommer wurden daraus Balken geschlagen oder gesägt und zum Haus abgebunden.
Nachdem das Haus aufgeschlagen war, wurden die Gefache mit Stickscheiten, Hasel- und Weiden- geflecht und Strohlehm ausgefüllt. Diese Arbeit mußte aber ca. 8
Wochen vor dem ersten Frost beendet sein, damit der Lehm genügend Zeit zum Trocknen hatte und nicht mehr durch Frost geschädigt werden konnte.
Diese Arbeitsabläufe zeigen die jahreszeitlichen Vorgaben, die zu beachten waren. Auf diese Weise hätte sich weder der Wohnungsmangel in den aufstrebenden Städten beheben lassen,
noch wäre es möglich gewesen, große Fabrikgebäude zu errichten.
Mit den Backsteinen konnten aber auch ganz neue Formen und Größen im Hausbau entwickelt werden, so daß die regionaltypischen Unterschiede der Häuserlandschaften immer mehr
verschwanden. Es entstand von Nord bis Süd in den Städten der Einheitsstil der Gründerzeit, der auch vor dem Land nicht halt machte.

Maschinelle Produktion Ziegelei Lux, 1928

Gasthaus "Zur Krone" 1925, Hösbach, Landkreis Aschaffenburg
Höfe
Höfe und Straßen wurden zunehmend befestigt, meist mit regionsuntypischen, aber gut wiederverwendbaren Natursteinen aus Basalt und Granit.
Durch Eisenbahn und Dampfschiffahrt konnten weite Transportwege überbrückt werden, so daß man nicht mehr auf die lokalen Natursteinvorkommen beschränkt war.
Umwelt- und Abfallprobleme
Verbunden mit der Massenproduktion von Backsteinen stieg der Energieverbrauch stark an. Dadurch verstärkte sich die Luftverschmutzung im Umfeld dieser Produktionsstätten erheblich.
Durch den Einbau zusätzlicher neuer Materialien wurde ein Recycling von Häusern erschwert. Die Reparaturfreundlichkeit nahm ab.
Abgesehen von der Notsituation der Nachkriegsjahre war eine Wiederverwendung von Baumaterialien, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Regel war, nicht mehr üblich.
Die modernen Baustoffe Zement und Beton erschwerten zusätzlich die Wiederverwendung, da ein besserer Verbund der Baumaterialien untereinander erzielt wird.
Bis Ende der 80er Jahre wurden Häuser ungeordnet abgerissen und komplett deponiert.

Trümmerverwertungsanlage in Würzburg

Steinherstellung aus Trümmern, Hanau 1946

Abriß Gasthaus "Zum Anker", Hösbach, Landkreis Aschaffenburg